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Das Froschbuch
Frösche, Unken und Kröten in Literatur, Sage und Mythos
von diversen Scriptores berichtet
und im Volksglauben überliefert compilieret von
Julius Georg Friebe Custos Musei Naturalis Vorarlbergensis zu Dornbirn
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Definition
Frosch, der - Reptil mit eßbaren Beinen.
Die erste Erwähnung von Fröschen in der
profanen Literatur findet sich in Homers Bericht über den Krieg zwischen ihnen und den Mäusen.
Skeptiker haben Homers Urheberschaft an diesem Werk bezweifelt, aber der gelehrte,
einfallsreiche und beflissene Dr. Schliemann hat die Frage bündig beantwortet, indem er die
Knochen der gefallenen Frösche ausgrub. Eine der Formen moralischen Drucks, wodurch der Pharao
bewegt werden sollte, freundlicher zu den Israeliten zu sein, war eine Froschplage, aber der
Pharao, der sie als Frikassee besonders schätzte, bemerkte mit echt orientalischem Stiozismus,
er könne die Plage mindestens so lange aushalten wie die Frösche und die Juden; daher wurde
das Programm geändert. Der Frosch ist ein eifriger Sänger; er verfügt über eine gute Stimme,
aber keinerlei Gehör. Das Libretto seiner Lieblingsoper wurde von Aristophanes verfaßt, ist
kurz, schlicht und wirkungsvoll - »brekekexkoax«; die Musik stammt offenbar von dem
vorzüglichen Komponisten Richard Wagner.
[ Ambrose Bierce, 1911 ]
Der Frosch, der ein Sohn Adams war
Nach jüdischer Überlieferung gebat ein hochbetagter, wenngleich sehr reicher Mann auf dem
Sterbebette seinem einzigen Sohn, Jochanan geheissen, auf dem Markte dem ersten Händler, dem
er angesichtig werde, abzukaufen, was immer er feilbiete. Es war aber dies ein überaus schönes
Kästelchen. Nachdem er es zu Passah geöffnet hatte, so fand er darinnen einen winzig kleinen
Frosch. Dem gab er zu essen, und der Frosch war dankbar. Weil aber der Frosch stark wuchs und
daher viel aß, verarmte der vormals reiche Mann. Als er gar nichts mehr hatte, betete er
zu GOtt, und der Frosch hub an zu sprechen, daß er ihm und seiner Frau ein Wunsch werde
erfüllen. Jochanan wünschte sich Kenntnis aller Sprachen der Welt und der Tiere auch, seine
Frau aber wünschte sich den früher Reichtum zurück. Beides ward gewährt. Auf die Frage, wer
er sei und woher er komme ?, antwortete der Frosch:
Ich bin ein Sohn Adams, des ersten Menschen. Adam hatte, ehe Heva geschaffen ward,
allen Tieren und allen Vögeln beigewohnt; als er zu meiner Mutter einging, zeugte er mich.
Meine Art ist es, nach tausend Jahren des Wachstums wieder einzuschrumpfen, bis ich ganz
klein geworden bin; danach aber fange ich wieder an, groß zu werden, bis das nächste Tausend
Jahre voll ist.
[ Micha Josef bin Gorion, 1916 ]
Die lycischen Bauern
Zu Fröschen verwandelt wurden nach griechisch/römischer Sage Bauern aus Lycien, die der
Latona Wasser aus einem Teich verweigerten. Latona, Geliebte des Jupiter, war mit ihren
Zwillingskindern Apollo und Diana auf der Flucht vor ihrer Widersacherin Juno. Und die
Sonne brannte unerbittlich ...
Diese Männer aber beharrten darauf, die Flehende fernzuhalten, und fügten obendrein
Drohungen und Schmähungen hinzu, falls sie nicht fortgehe. Und auch damit nicht genug: Mit
Händen und Füßen trübten sie den See und rührten aus der Wassertiefe weichen Schlamm auf,
indem sie boshaft hin- und hersprangen. Der Zorn ließ Latona den Durst vergessen - denn die
Tochter des Coeus fleht nicht mehr die Unwürdigen an und erträgt es nicht länger, Worte zu
gebrauchen, die ihrem göttlichen Rang nicht entsprechen. Sie hob die Hände zu den Sternen und
sprach: ,Ewig möget ihr in diesem Pfuhl leben!'
Der Wunsch der Göttin geht in Erfüllung. Es
macht ihnen Freude, im Wasser unterzutauchen und bald den ganzen Körper in der Tiefe des
Sumpfes versinken zu lassen, bald den Kopf hervorzustrecken, bald an der Oberfläche des
Gewässers zu schwimmen, bald sich am Ufer des Teiches niederzulassen, bald wieder in den
kühlen See zu springen. Doch auch jetzt noch führen sie im Streit garstige Reden, und ohne
Scham versuchen sie, obwohl sie unter Wasser leben, unter Wasser zu lästern. Schon ist
ihre Stimme rauh, de Hals bläht sich auf und schwillt an; gerade die Schimpfworte
verbreitern das große Maul. Der Rumpf stößt unmittelbar an den Kopf, der Hals scheint
herausgenommen zu sein, der Rücken ist grün, der Bauch, der größte Teil des Körpers,
weiß, und in der schlammigen Tiefe springen die neuentstandenen Frösche umher.
[ Publius Ovidius Naso, Metamorphosen ]
Krötensteine = Bufoniten
Eine große und unheimliche Rolle spielt die Kröte im Volksglauben. Sie spielte bei bösem
Zauber eine große Rolle und war ein wichtiger Bestandteil von vielen Geheimmitteln. Der
Krötenstein, so glaubte man, wächst im Gehirn einer alten Kröte oder kommt dadurch zustande,
daß mehrere Kröten auf den Kopf des Krötenkönigs springen. Dieser Stein kann gewonnen werden,
indem man die Kröte auf ein scharlachrotes Tuch setzt. Sie gibt den Stein dann von sich.
Botrax heißt krottenstein / den tregt ein krot im haupt / und ist zweierlei / ein
weis und ist der besser und ist seltsam / der ander schwartz und tunckel und ist ein wenig
geelfarb / der ist der best under den tucklen. Wenn man den stein auß einer lebendigen
krotten nimpt / so hat er englin / wen man in aber nimpt auß einer die lang todt gewesen
ist / so hat der krotten gifft die englein vertilget und den stein gebösert. Wer den stein
also gantz verschlindet in eim essen dem durchgehet er alles sein ingeweyd / und reiniget
in von aller bösen unsauberkeit / und wen er den menschen inwendig geheilt so geht er unden
auß im. Die krafft hat der weiß krottenstein / und heissen in die walhen crapadinam. Mann
spricht auch das der stein dem vergiff wider sei.
[ Konrad von Megenberg 1350, zitiert nach Rätsch & Guhr, 1989 ]
Bufoniten wurden in Gold oder Silber gefaßt und als Ringsteine getragen. Der Stein musste
dabei den Finger berühren. Er verleiht dann große Kräfte, schüzt vor Krankheit, Unglück und
Verzauberung und ist außerdem bei Rheumatismus, offenen Wunden und Geschwüren sehr
heilkräftig. Entzündungen nach Bienen- und Wespenstichen kann man verhindern, indem man
einen Bufoniten auf die gestochene Stelle legt. Ein besonderes Charakteristikum dieses
Steines ist, daß er nicht nur seine Farbe ändert, wenn er in die Nähe von Gift gebracht
wird, sondern so sehr zu schwitzen anfängt, daß er Tropfen fallen läßt.
Als Krötensteine wurden die mehr oder weniger halbkugeligen, schwarz glänzenden Zähne
fossile Fische bezeichnet. Sie wurden wohl mit den glänzenden Augen einer Kröte assoziiert.
Die Vorstellung, daß das Tier den Stein fallen läßt wenn man es auf ein rotes Tuch setzt,
kann dadurch erklärt werden, daß Kröten und Unken durch helle, rote Farben angelockt werden
können. Dieser wundertätige Stein fand Eingang in die klassische Dichtung:
Süß ist die Frucht der Widerwärtigkeit,
Die, gleich der Kröte, häßlich und voll Gift
Ein köstliches Juwel im Haupte trägt.
[ Shakespeare: Wie es euch gefällt, 2. Aufz., 1. Sz. ]
Die Zitate stammen aus:
- Bierce, A. (1911): Des Teufels Wörterbuch [The Devil's Dictionary]. - neu übersetzt und
benachwortet von Gisbert Haefs, 136 S., Zürich (Haffmans), 1986.
- bin Gorion, M. J. (Hrsg.) (1916): Der Born Judas. Erster Teil: Legenden, Märchen und
Erzählungen. - Neu hrsg. u. m. e. Nachw. vers. von E. bin Gorion, 794 S., Frankfurt a./M. (Insel), 1959.
- P. Ovidius Naso [43 v. - 17 n. Chr.]: Metamorphosen. - übertr. von M. v. Albrecht,
Goldmann Klassiker Bd. 7513, 480 S., München, 1981.
- Rätsch, Ch. & Guhr, A. (1989): Lexikon der Zaubersteine aus ethnologischer Sicht. - 204 S.,
Graz (Akademische Druck- u. Verlagsanstalt).
- Shakespeare, W.: Wie es euch gefällt [As you like it (ca. 1598)]. - in: Sämtliche
Werke, Bd. 4, 197 - 243, Stuttgart -Leipzig (Deutsche Verlags-Anstalt) o.J. (8. Aufl.).
© 1999 J. Georg Friebe
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